Haushaltsrede der FDP-Fraktion im Gemeinderat Rauenberg

Beherrschendes Thema war Corona

FDP-Fraktionsvorsitzender Friso Neumann (Foto: Friso Neumann)

Liebe Rauenberger, Malschenberger und Rotenberger Bürgerinnen und Bürger,

wie auch im letzten Jahr wird allen Fraktionen im Gemeinderat die Möglichkeit gegeben, die Anschauungen zur Haushaltslage und den damit verbunden Investitionen zu veröffentlichen. 

Die FDP-Fraktion in Rauenberg begrüßt diese Möglichkeit, denn so werden unterschiedliche Einschätzungen für Sie, liebe Rauenberger Bürgerinnen und Bürger, sichtbar.

Auch im letzten Jahr war das beherrschende Thema: Corona.

Die Pandemie hat mannigfaltige Auswirkungen auf fast alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche und niemand kann sich im Moment den Auswirkungen, welche die Pandemie mit sich bringt, entziehen; das gilt genauso für die Verwaltung der Stadt Rauenberg wie für uns Bürger. Auch auf finanzieller Ebene herrscht für die Städte und Gemeinden die Unsicherheit, ob Einnahmeausfälle weiterhin kompensiert werden können.

Wie geht man damit um? Auf der einen Seite gebietet die Situation Sachverstand und Vorsicht, damit eine etwaige Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nicht eintritt. Auf der anderen Seite müssen selbst in einer so hochverschuldeten Gemeinde, wie Rauenberg im baden-württembergischen Vergleich ist, notwendige Investitionen getätigt werden.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich, dass der Kämmerer, Herr Dewald, in einer Gemeinderatssitzung einmal zusammengetragen hat, welches Volumen Investitions- und Sanierungsmaßnahmen in den nächsten fünf Jahren ungefähr in Rauenberg haben.

Selbst die Verwaltung musste konstatieren, dass dieses Volumen ohne Einsparungen oder den Verzicht auf einzelne Maßnahmen schlichtweg nicht zu stemmen sei.

Daher fragt man sich jährlich aufs Neue: Was kann man streichen, wo kann man sparen, auf welche Dinge kann oder darf nicht verzichtet werden?

An dieser jährlich auftretenden Fragestellung beginnt ein sich wiederholendes Streich- und Verschiebungskonzert einzelner Maßnahmen, um nachher festzustellen, dass es dann doch nicht ganz so schlimm um die Finanzen Rauenbergs bestellt sei wie ursprünglich gedacht.  

Zu dieser Wahrheit gehört auch: Alle Fraktionen bringen in der Regel Streichungen ein: So gibt es beispielweise im nächsten Jahr keine neue Weihnachtsbeleuchtung, der Eingangsbereich des Rathauses wird nicht saniert und der Feuerwehrkommandant erhält kein neues Mobiliar für sein Kommandantenbüro.

Immerhin brachte es der Gemeinderat auf eine Einsparungssumme von ca. 300000€. Das ist besser als nichts, entspricht aber beispielsweise noch nicht einmal der Summe, die die Stadt jährlich an Kredittilgungen und Zinsen aufbringen muss.

Aber – und das ist eine gute Nachricht – hat die FDP-Fraktion mit Wohlwollen vernommen, dass sich nach aktueller Lage der Ergebnishaushalt im laufenden Haushaltsjahr um 1,76 Millionen Euro im Vergleich zur Prognose verbessert hat. Gestiegene Steuereinnahmen (+500000) und Zuwendungen (+800000) machen den Löwenanteil aus und kompensieren Ausfälle, die die Stadt wegen nicht erhobener Gebühren (-350000) somit gut kompensieren kann.

Die positive Entwicklung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Investitionen im Jahr 2022 immer noch so umfangreich sind, dass sie nur mittels neuer Kredite von 2, 8 Millionen Euro verwirklicht werden können. Man stelle sich vor, es hätte die veranschlagte Ergebnisverbesserung nicht gegeben…

Je länger solche Dinge der FDP-Fraktion im Gemeinderat begegnen, je mehr setzt sich der Eindruck fest, dass hier das Gesamtkonzept fehlt, überlegte Prioritäten in den unterschiedlichen Investitionsbereichen zu setzen.

Das scheint der Verwaltung auch schon selbst aufgefallen zu sein: Immerhin werden nun die Straßen in Rauenberg dahingehend begutachtet, zu welchen Zeitpunkt welche Sanierung als wirklich sinnvoll erscheint, was diese kostet etc. Das heißt, es entsteht Planungssicherheit und auf lange Sicht auch finanzielle Spielräume für andere Dinge.

Weit weg ist man in Rauenberg von einem planerischen Gesamtkonzept, welches die Belange von allen Kindern und Jugendlichen gleichermaßen berücksichtigt. Man denke nur an die Trainingsmöglichkeiten, die Kindern und Jugendlichen auf Grund von falscher politischer Entscheidungen in der Vergangenheit nun nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen. Wenn man von Haushaltsaufwendungen spricht, kommen diese notwendigen sportlichen Betätigungen, die in Rauenberg in der Hauptsache in Fußball, Handball, Turnen oder auch Mountainbiking getätigt werden, im investiven Bereich noch nicht einmal vor. Hier wünscht sich die FDP-Fraktion einmal ein starkes Engagement der Gemeinde, welche Sportmöglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen schafft, die ja gerade durch die Pandemie besonders betroffen sind und waren.

Stattdessen wird ein Multifunktionsgebäude, welches 6 Millionen Euro kosten soll, gebaut. Ein Multifunktionsgebäude – so schön und gut es auch geplant sein mag – gehört nicht zu den Pflichtaufgaben einer Stadt. Sie muss ausreichend adäquate Kindergartenplätze zur Verfügung stellen, der Rest ist Luxus. Ein weniger aufwändig gestalteter, neu gebauter Kindergarten hätte es auch getan: Einsparpotential: Ca. 2 Millionen Euro, die vielleicht sogar in andere Projekte hätten gesteckt werden können.

Wie der Name „Gemeinderat“ schon sagt, berät er; das heißt aber auch, er muss die Chance haben, beraten zu können. Leider wurde dies bei der grundlegenden Planung des Multifunktionsgebäudes noch nicht einmal in Erwägung gezogen. Es gab keine Alternativvorschläge, zum Beispiel zwei Varianten einer Kindergartenplanung, bei denen sich die FDP-Fraktion Gedanken hätte machen können, was notwendig oder verzichtbar gewesen wäre.

Bis heute liegt dem Gemeinderat kein vorgelegtes pädagogisches Gesamtkonzept für Kindergarten und Betreuung in der Schule, keine Raumkonzeption oder Ähnliches vor. Wieso war es nicht möglich, die Schüler in der Schule zu belassen, dort Räume umzubauen und weitere Mahlzeiten anzubieten? Davon hätten die Schülerinnen und Schüler, die sich heute in der Schule befinden, profitiert. Das Multifunktionsgebäude nützt ihnen rein gar nichts mehr, da sie bei der Fertigstellung des Gebäudes auf weiterführende Schulen gehen werden.

Alles in Allem: Für die FDP-Fraktion ist ein Multifunktionsgebäude eine bislang so nicht nachvollziehbare Investition, die in unsicherer Zeit knappe Ressourcen benötigt, welche vielleicht an anderer Stelle gerade Kindern und Jugendlichen zugute gekommen wären.

Auch wenn die FDP-Fraktion Herrn Bürgermeister Seithel und allen Mitarbeitern der Stadt eine sehr engagierte Arbeit und einen Einsatz für viele Belange Rauenbergs bescheinigen kann, muss unserer Ansicht nach vor allen Dingen bei großen Projekten an den Entscheidungswegen, die zu einer wirklichen bürgernahen Beteiligung führen, noch stark gearbeitet werden. Denn nur dann werden Entscheidungsprozesse transparenter und somit auch nachvollziehbarer, warum man welche Gelder bei knappen Kassen in welche Projekte unter der Berücksichtigung und Abwägung möglichst vieler Interessenlagen investiert.

Es grüßt Sie alle herzlich

Ihre FDP-Fraktion